Was in größeren und weltweiten AD-Umgebungen für selbstverständlich gehalten wird, sieht in kleineren und mittelständischen Unternehmen (KMUs) ganz anders aus.


Diese Frage wird oft gestellt: Warum sollte der Server ausschließlich als DC betrieben werden und kann der DC nicht weitere Dienste oder Applikationen zur Verfügung stellen?


Die Antwort darauf lautet: Ja, ein DC kann und darf weitere Dienste zur Verfügung stellen. Beispielsweise ist seitens Microsoft auch unterstützt, Applikationen wie z.B. Exchange oder SQL auf einem DC zu installieren. Doch es ist keineswegs empfohlen weitere Dienste oder Applikationen auf einem DC zu betreiben. Die Gründe folgen.


Viele Administratoren bringen an dieser Stelle nun den Einwand, dass der SBS doch das Paradebeispiel dafür ist. Ein SBS muss ein DC und darf nicht ein Mitgliedsserver sein. Des Weiteren existieren doch auch Exchange und SQL auf einem SBS. Die Antwort auf diese Argumentation lautet jedoch: Der SBS ist ein Spezialfall und ist gezielt für die Produktpositionierung so konzipiert worden. Mit dem SBS 2008 (Premium) wurde das entsprechend angepasst, in dem bspw. eine extra Windows Server Lizenz für die SQL Serverinstallation mitgeliefert wird.


Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, dass der SBS kein echter Server sei. ;-)


 


Die Gründe weshalb es empfohlen ist, den Server nur als dedizierten DC zu betreiben und keine anderen Dienste zur Verfügung zu stellen sind:



  • Performance: Werden auf einem DC weitere Applikationen und Dienste installiert, kostet das Ressourcen. Damit steigt das Risiko, dass wenn sich viele Benutzer zur gleichen Zeit an der Domäne authentisieren, dem DC nicht genügend Ressourcen zur Verfügung stehen um jede Authentisierung eines Benutzers erfolgreich durchzuführen. Wenn intensiv mit AD-Abfragen gearbeitet wird, können die fehlenden Ressourcen den DC unnötig auslasten und von Nachteil sein.


  • Sicherheit: Werden auf einem DC Applikationen oder Dienste installiert, muss man bei entsprechender Rollentrennung dem Betreuer dieser Applikation bzw. der Dienste Rechte auf dem DC einräumen. Oftmals wird dann der Benutzer in die Gruppe der BuiltIn\Administratoren oder in die Gruppe der Domänen-Admins hinzugefügt, was beides selbstverständlich keineswegs gewünscht ist. Denn zum einen sind das zu viele Rechte die man dem Benutzer einräumt und zum anderen, birgt das Gefahren. Der Benutzer, wenn der DC auch noch der Einzige in der Domäne ist, könnte die Domäne gefährden.

    Mit Einführung von Windows Server 2008 und dem RODC hat man die Situation entschärft, was die Sicherheit der AD DS anbetrifft. Der Administrator für die Anwendung kann auf einem RODC lokale Adminrechte erhalten und hat dennoch keine weiteren Rechte auf die AD DS.

    Es sollten alle Server hinter Schloss und Riegel stehen und nur Befugten sollte der Zugang erlaubt sein. Doch aus AD-Sicht ist es nicht weiter tragisch wenn „nur“ der Applikationsserver anstatt eines DCs unter dem Schreibtisch steht.



  • Rollentrennung: Folgt man der Empfehlung und betreibt dedizierte DCs, kann man in einem Problemfall einen DC in einer Umgebung mit mehreren DCs einfach ersetzen. Ist jedoch auf dem DC eine wichtige Applikation installiert, gestaltet sich der Austausch besonders schwierig!


  • Stabilität: Das Installieren von Applikationen und Diensten gefährdet die Stabilität eines DCs (RWDC und RODC). Denn bereits das Installieren eines zusätzlichen nicht kompatiblen (Drucker?) Treibers kann zu Instabilitäten führen, so dass es regelmäßig zum BSOD (Blue Screen of Death) kommt. Dies kann natürlich auch zum Totalausfall des Active Directories führen, bspw. durch Inkonsistenzen die durch solche Abstürze entstehen. Wenn sich in der Domäne mehrere DCs befinden, kann man einen dedizierten DC im laufenden Betrieb herunterstufen, den Computernamen ändern und anschließend wieder zum DC heraufstufen. Ob das die installierte Applikation auf dem DC verkraftet ist fraglich. Ein installierter Exchange Server verhindert dies sehr wirkungsvoll.


 


Das sind die Hauptargumente warum es ein dedizierter DC sein sollte. Natürlich ist die Welt da draußen alles andere als rosarot und die Realität in der Praxis sieht anders aus. Man muss selbstverständlich unterscheiden, ob es sich um ein fünf-Mann oder um ein weitweites Unternehmen mit 500.000 Mitarbeitern handelt. In einem fünf Mann Unternehmen ist das Budget für IT-Kosten meist knapp und mit einem dedizierten DC würde man in solch einer Umgebung sicherlich mit Kanonen auf Spatzen schießen.



Daher gilt für Unternehmen die sich aus welchen Gründen auch immer keinen dedizierten DC leisten (können oder wollen), folgende Empfehlung:




  • Was die Performance des DCs anbetrifft, sollte eine Applikation bzw. Dienst vor dem Einsatz auf einem DC in einer produktiven Umgebung, ausgiebig in einer Testumgebung möglichst realitätsgetreu getestet werden. Das wichtigste dabei ist das Monitoring. Erst wenn die Tests nach mehreren Tagen zufriedenstellende Ergebnisse geliefert haben, sollte man die Applikation oder den Dienst auf dem DC in der produktiven Umgebung installieren. Bei den Tests die als Referenz dienen, sollte man über mehrere Tage die Auslastung des DCs (CPU, RAM, HDD, NIC) zu verschiedenen Zeitpunkten verteilt über den Tag aufzeichnen. Wurde die Applikation bzw. der Dienst auf dem produktiven DC installiert, sollte man die Auslastung des DCs ständig mit der Referenz vergleichen.

    Natürlich ist das ein Kraftakt den sich ein Unternehmen mit 5 Angestellten zwei Mal überlegt, ob er diese Tests durchführen soll bzw. kann. Ich kann es aber jedem nur ans Herz legen!


  • Derjenige der die Applikation bzw. den Dienst auf einem DC mit Domänen-Adminrechten betreut, muss vertrauenswürdig sein. Schließlich kann der Betreuer mit Domänen-Adminrechten der Domäne schaden bis hin zu zerstören! Die Virtualisierung ist eine Möglichkeit, die einem bei der Rollentrennung behilflich sein kann.


  • Es sollten ausschließlich vertrauenswürdige Applikationen und Dienste die vorher ausgiebig getestet wurden auf einem DC installiert werden. Dabei sollte die Datensicherung mit höchster Priorität sichergestellt sein. Sowohl die tatsächliche Durchführung einer funktionierenden System State Sicherung auf der einen Seite, als auch die Sicherung der Daten auf der anderen Seite sollte stets überprüft werden.

 


Deshalb lautet die Empfehlung: Wann immer möglich sollte ein dedizierter DC eingesetzt werden! Ist das aus welchen Gründen auch immer nicht möglich, sollten vorher ausreichende Tests und eine regelmäßige Datensicherung durchgeführt werden. Dabei sollte die regelmäßige Überprüfung des Gesundheitszustands des DCs nicht vernachlässigt werden (Eventlog, DCDIAG etc.).


 



Warum Exchange nicht auf einem DC installiert werden sollte


Das Installieren von Exchange auf einem DC ist zwar seitens Microsoft supportet, es wird jedoch nicht empfohlen!


Die Gründe die zusätzlich zu den oben genannten Punkten gegen das Installieren von Exchange auf einem DC sprechen sind:



  • Wiederherstellung: Beide Technologien, AD und Exchange erfordern im Falle eine Rücksicherung eine hohe Aufmerksamkeit. Für die Rücksicherung beider Technologien müssen bestimmte Arbeitsschritte durchgeführt werden. Erschwerend kommt dann noch hinzu, dass bei einem Servercrash die Zeit für die Rücksicherung eine umso größere Rolle spielt. Wenn der DC der Einzige in der Domäne ist, dann umso mehr. Deshalb ist es aus Wiederherstellungsgründen einfacher, lediglich eine Technologie rücksichern zu müssen.


  • Abhängigkeit: Exchange benötigt zwingend ein funktionierendes AD! Wenn auf einem (wo möglich Einzigen?) DC ein Problem besteht, hat das evtl. Auswirkungen auf Exchange. Wenn sich das DC-Problem nicht lösen lässt, steht unter Umständen Exchange nicht zur Verfügung.


  • Sicherheit: Stellt man den Benutzern Outlook Web Access (OWA) zur Verfügung, hat der Benutzer durch den IIS aus dem Internet per HTTP Zugriff auf den DC. Doch meistens ist das nicht gewünscht, dass ein DC von extern egal über welches Protokoll erreichbar ist.


    Der Exchange Administrator ist standardmäßig Mitglied in der Gruppe BuiltIn\Administratoren und ist dadurch Administrator auf den DCs! Das ist natürlich zwecks Rollentrennung und vor allem in größeren Umgebungen mit verteilter Administration nicht erwünscht.

    Alle Exchange Dienste werden als LocalSystem ausgeführt, was ein größeres Sicherheitsrisiko darstellt wenn eine Sicherheitslücke entsteht. Existiert z.B. ein Sicherheitsloch im AD das einem Angreifer den Zugriff auf das AD erlaubt, kann dieser auch auf Exchange (und umgekehrt) zugreifen.


  • Ressourcen: Werden die zur Verfügung stehenden Ressourcen auf dem Exchange Server knapp (CPU, RAM, HDD, NIC), leidet darunter auch der DC. Denn läuft z.B. Exchange aus welchen Gründen auch immer voll, hat nicht nur Exchange ein Problem sondern auch der DC! Oder wenn sich ein Exchange-Dienst aufhängt und somit den ganzen Server auslastet, zieht das auch den DC in Mitleidenschaft so das dieser unter Umständen keine Anfragen mehr beantworten kann.


  • Neustart: Es kann bis zu zehn Minuten dauern den DC herunterzufahren bzw. neu zu starten. Denn standardmäßig wird der Dienst LSASS.exe in dem das AD ausgeführt wird eher beendet, bevor die Exchange Dienste die vom AD abhängig sind beendet werden. Dadurch kommt es zu mehreren Timeouts und deshalb zu dem langsamen Verhalten. Eine mögliche Abhilfe für dieses Problem ist die Exchange-Dienste (insbesondere den Informationstore) manuell zu stoppen, bevor der DC heruntergefahren oder neu gestartet wird.



  • DCPROMO: Des Weiteren ist das Ausführen von DCPROMO auf einem Exchange Server nicht supportet! Das bedeutet, wurde Exchange auf einem DC installiert, darf der DC nicht heruntergestuft werden. Zuerst müsste Exchange deinstalliert werden, ehe der DC anschließend heruntergestuft werden kann. Oder wenn Exchange auf einem Mitgliedsserver installiert wurde, darf dieser nicht mit DCPROMO zum DC heraufgestuft werden.


    Siehe (unter dem Abschnitt “Directory Server Architecture\Installing Exchange 2010 on Directory Servers”):

    Exchange 2010 System Requirements: Exchange 2010 Help



  • Exchangeabhängigkeit vom GC: Selbst wenn man mehr als einen DC/GC in der Domäne besitzt, wird Exchange immer den DC/GC nutzen, auf dem es installiert ist. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass Exchange den Betrieb einstellt, sollte mit der DC Funktion auf dem Server etwas im Argen liegen.


    Exchange resident on domain controller that is not a global catalog server



 


Fazit: Als Best Practice ist es empfehlenswert einen dedizierten DC zu betreiben und Exchange auf einem Mitgliedsserver anstatt auf einem DC zu installieren. Ist das aus organisatorischen Gründen (Kosten etc.) nicht möglich, ist eine funktionierende Datensicherung neben dem Monitoring das Mindeste das regelmäßig durchgeführt werden sollte! Bei der Rollentrennung und bei der Installation von Exchange ist die Virtualisierung eine hilfreiche Option.



Virtualization Support Wizard
Exchange Server Supportability Matrix


 


Weitere Informationen:
Wie viele DCs pro Domäne werden benötigt?
Die Besonderheiten eines Small Business Server`s (SBS)
Images als Sicherung?
Zwei wichtige IDs eines DCs: DC GUID und InvocationId
Security Considerations for a SQL Server Installation

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